Antriebslos? Warum Mental Health Tipps oft scheitern und was wirklich hilft
- Theresa Güdemann

- 28. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. Okt.
Eigentlich ist doch alles ganz leicht: nur ein kleiner Spaziergang bringt Dich weg vom Gedanken-Karussell, Yoga hilft Dir dabei mal kurz abzuschalten und ein sanftes Workout lässt Dich im stressigen Alltag runterfahren. Das wissen wir alle und deswegen verteilen wir diese sehr lieb gemeinten Ratschläge in Mutti-Attitüde an Menschen, die wir gern haben. Firmen nutzen sie sogar zur Werbung, auf Instagram, in Blogartikeln und SEO optimierten Texten. Mental Health Content verkauft sich gerade jetzt sehr gut, ist aktuell und schnell erstellt.
Genau da liegt der Knackpunkt.
Strategien, die für eine Person gut funktionieren, sind für andere nicht umsetzbar, herausfordernd, nicht attraktiv und setzen diese womöglich unter Druck.
Mental Health Tipps, die wir alle kennen und die nicht weiterhelfen
Trink doch einfach mehr Wasser
Melde Dich endlich im Gym an
Ratgeber in Magazinen und Life-Hacks („Mit diesen Tipps lebst Du ab jetzt gesünder!“)
Du musst nur mal meditieren, dann geht es Dir besser
Wenn Du einmal angefangen hast, dann läuft das von allein
Ins Tun kommen - Verstehen, warum Menschen im Alltag aktiv sind
Ich geb’s ja zu, im Grunde dieser Aufforderungen steckt viel Wahrheit. Frische Luft, Sonne tanken, Interaktionen die uns Energie geben, Bewegung: Alle Massnahmen, die unser Verstand als sinnvolle Methoden erkennt, uns aktiv zu halten sind im Kopf gespeichert. Die Tipps funktionieren dann als Erinnerung, ein "mach das doch wieder mal!" Und das war's dann auch schon.
Die Herausforderung liegt mehr in der Umsetzung und im „ins Tun kommen“. Das verrät uns nämlich keiner der wohlmeinenden Tipp-Gebenden. Ins Handeln kommt jeder Mensch auf seine eigene Weise.
Menschen handeln aber nicht nur durch blosse Willenskraft und Verstand. Weitere zentrale Aspekte dabei sind:
Motivation und Werte: Warum ist es mir wichtig? Freude bei der Ausführung, Aktivierung des Belohnungszentrums im Gehirn durch Dopaminausschüttung usw.
Selbstwirksamkeit: das Gefühl an der jetzigen Situation selbst etwas verändern und bewegen zu können
Relevanz: es macht für mich einen Unterschied dies oder jenes so zu tun
Lebensumstände, z.B. Zeit, Geld, Bildung
Ziel: Was will ich damit erreichen?
Das Gefühl von Gemeinschaft, z.B. bei Challenges oder beim gemeinsamen Walking und bei Gruppenangeboten

Was hilft denn nun wirklich weiter?
Psychische Erkankungen vs. Innerer Schweinehund
Dafür ist wichtig zu wissen, ob bei Dir der „innere Schweinehund“ bekämpft werden soll, oder ob eine Antriebsstörung im pathologischen Sinne vorliegt. Ein verminderter Antrieb kann sich als Symptom unterschiedlicher Erkrankungen zeigen, dazu gehören zum Beispiel:
Depressionen
Tumorerkrankungen
Neurologische Erkrankungen, z.B. Demenz, Morbus Parkinson, nach einem Schlaganfall
Schädel-Hirn-Trauma
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom)
u.v.m.
In diesen Fällen sollte man grundlegend verstehen und akzeptieren, dass es nicht darum geht, dass Du keine Lust hast, etwas zu tun. Dass Du trotz Mittagsschlaf nicht genug Energie hast, um einen Spaziergang zu machen. Nicht, weil Du „faul“ bist, sondern weil es sich schlicht Deiner willentlichen Kontrolle entzieht. In dieser Situationen fühlen sich Mental Health Tipps wie Hohn an: Wenn Du Dich am Morgen schon beim Aufstehen aus dem Bett kämpfst, ist ein entspannter und achtsamer Waldspaziergang über Stock und Stein wahrscheinlich nicht das erste Ziel des Tages. Vielleicht würde es Dir in Deiner Sitaution auch nicht gut tun und Du benötigst Tage, um Dich davon zu erholen. Und es lässt Dich Grübeln: „Was stimmt mit mir nicht? Warum kann ich dabei nicht entspannen und andere schon?“
Trotz Erkrankung(en) kannst Du kleine Veränderungen in Deinem Alltag anstossen und neue Routinen schaffen, die Deine mentale Gesundheit verbessern und unterstützen. Ergotherapie schafft dafür einen geeigneten Rahmen Neues zu testen, individuell zu dosieren und Veränderungen für Dich passend zu gestalten.
Erkennst Du Dich beim „Schweinehund“ wieder, kann es helfen, Deine Gedanken zu sortieren:
Wie geht es mir gerade? Was fühlt sich gut an? Was fehlt mir? Wovon möchte ich mehr?
Was bereitet mir Freude und gibt mir Energie? z.B. Achtsamkeitspraxis, Bewegung, Aktivitäten allein oder zusammen mit anderen Menschen oder Tieren?
Was ist nötig, damit ich öfter ausführe, was mir Freude bereitet und mich mit Energie versorgt?
Was genau mache ich ab XY anders, um mehr Ausgeglichenheit im Alltag zu erreichen?
Wenn Du Dir dabei Unterstützung wünschst, buche Dir gern ein Lösunsgfokussiertes Coaching. Was Du garantiert nicht hören wirst, sind Ratschläge. Wir nutzen die Zeit lieber dafür, herauszufinden, was für Dich funktioniert, was Du schon immer einmal tun wolltest, es jedoch bisher nicht angefangen hast. Viele Coaching-Klient*innen erleben Ihren Aha-Moment als Wendepunkt in ihrem alltäglichen Tun.
Grundsätzlich gilt: Massnahmen zur Stressreduktion und Förderung der mentalen Gesundheit sollten Routinen sein, keine Notfallmassnahmen!
„Ich habe etliche Mental Health Tipps umgesetzt und trotzdem hilft nichts!“
Mental Health Tipps können Dich dabei unterstützen Routinen zu überprüfen und geben Dir neue Ideen für freudvolle Aktivitäten. Allerdings solltest Du immer prüfen, ob sie zu Dir und in Deinen Alltag passen. Bei der Ausführung geht es auch nicht um ein Abarbeiten und Erfüllen. Reflektiere im Anschluss unbedingt, wie Du Dich fühlst und ob der erwünschte Zustand eingetreten ist. Ich arbeite mit sehr vielen Menschen zusammen, die sich durch eine Vielzahl solcher Aktivitäten gestresst fühlen. Der Spruch „Viel hilft viel“ funktioniert hier definitiv nicht und führt eher zu Frustration und Stress. Plane lieber weniger spektakuläre Aktivitäten ein und dafür häufiger kleinere. Das können bewusste Atempausen sein, den Blick ins Grün schweifen lassen, die achtsame Interaktion mit Deinem Haustier oder der Austausch mit lieben Menschen. Erwünscht ist alles, was Deine Energie wieder aufladen lässt und Dich für kommende Herausforderungen stärkt. Das kann auch mal das bewusste Unterlassen einer Tätigkeit sein.
Mehr Klarheit darüber und eine individuelle Standortbestimmung stärken Deine Resilienz im Alltag.
Ich begleite Dich gerne auf Deinem Weg, mit Neugier, Empathie und ganz ohne chee-chee.
Theresa
ENTDECKERLOUNGE Praxis für Therapie, Achtsamkeit und Entspannung
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Was hat Dir schon geholfen, Deine Aktivität im Alltag zu steigern?
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