Die Fähigkeit unseres Körpers, offene Stellen selbstständig zu schliessen, sich selbst zu regnerieren und vor Umwelteinflüssen zu schützen, übt eine grosse Faszination auf mich aus. Dabei können wir selbst Einfluss nehmen oder den Prozess einfach nur beoachten. In meinem Berufsalltag als Ergotherapeutin erlebe ich sehr oft, dass das Thema Narben negativ und mit Stigmata behaftet ist, bzw. völlig vernachlässigt wird. Einige Gesundheitsfachpersonen und Betroffene sehen die Behandlung von Narben als ein rein ästhetisches Thema an - dabei ist es noch viel mehr als das. Dieser erste Teil beschäftigt sich mit einem Einstieg in die Thematik und soll das Interesse für einen aussergewöhnlichen Heilungsprozess Deines Körpers wecken.
Was ist eine Narbe?
Zum Abschluss der Wundheilung bildet unser Körper ein Ersatzgewebe. Möglichst schnell soll unsere Körperhülle wieder geschlossen sein, damit u.a. Krankheitserreger nicht in den Körper eindringen können. Dieses Gewebe ist oft in der Elastizität und im Aussehen anders beschaffen, als die umliegenden, nicht betroffenen Hautschichten und Areale. Da es sich um ein körpereigenes Ersatzgewebe handelt, weisst die Narbe nicht die gleichen Eigenschaften, wie das "Original" auf: es fehlen ihr Schweiss- und Talgdrüsen, die Melaninbildung findet eingeschränkt statt. Das bedeutet, dass das Hautpigment Melanin, welches für unseren natürlichen Sonnenschutz von unserem Körper gebildet wird, eine "Lücke" aufweist. Deshalb solltest Du unbedingt auf einen hohen und durchgehenden Sonnenschutz, vorallem im Bereich Deiner Narbe achten.
Wodurch entstehen Narben?
nach Verletzungen/ bei Unfällen: Verbrennungen, offene Knochenbrüche, Schnitt- und Stichverletzungen, Hautabschürfungen, Piercings, Tätowierungen, usw.
nach chirugischen Eingriffen und Operationen, wie z.B. nach Kaiserschnitt, Gelenkersatz, Amputationen in Folge Brustkrebs, Gefässverschluss, usw.
durch Erkrankungen, wie z.B. Windpocken, Gürtelrose, Akne, Wunden aufgrund selbstverletzendem Verhalten, usw.
in Folge von körperlichen Veränderungen, die mit einer Überdehnung des Bindegewebes einhergehen, z.B. bei einer Schwangerschaft, schneller und hoher Gewichtsveränderung,...
hier ist die Narbenbildung ausdrücklich erwünscht: ein Bereich der Körpermodifikation befasst sich mit der sogenannten "Skarifizierung"; durch Cutting (dt. "Einritzen") oder Branding (dt. "Einbrennen") werden auf der Haut kunstvolle Motive erzeugt
Welche Arten von Narben gibt es?
atrophe Narben (lat. atrophia "verkümmert", "rückgebildet")
Atrophe Narben entstehen, wenn der Körper zu wenig Narbengewebe
produziert. Es entstehen Grübchen, die Haut sieht eingezogen aus und fühlt
sich beim Ertasten auch so an.
hypertrophe Narben (altgr. hyper- über; trophein- ernähren "vermehrt entwickelt")
Hypertrophe Narben können leicht erhaben sein und sich fest anfühlen,
überragen jedoch in ihrem Ausmass nicht die ursprüngliche Grösse. Der Körper
hat an dieser Stelle zuviel Narbengewebe produziert. Ist das Areal hohen
Zugkräften ausgesetzt, verstärkt dies die Entstehung hypertropher Narben.
Keloide
Der Begriff beschreibt eine Hautwucherung, die z.B. auch nach einfachen
Verletzungen, wie z.B. nach einem Mückenstich auftritt. Das Keloid ist
gegenüber dem nicht betroffenem Hautareal deutlich erhaben und verursacht
häufig Druckschmerzen und/ oder Juckreiz. Keloide können selbst nachdem sie
operativ entfernt wurden wieder nachwachsen. Die vordere Brustregion, die
Schulterpartie und die Ohrläppchen gelten als häufig betroffene Regionen für
das Auftreten der Keloide.
Narben: Worauf ich bei der Heilung und Behandlung in der Ergotherapie achte
Beweglichkeit
Die Narbe sollte allen Bewegungen, die Du ausführen möchtest, folgen. Du solltest
keine Bewegungseinschränkungen durch Deine Narbe haben. Besonderes
Augenmerk liegt auf Narben, deren Verlauf über ein Gelenk führt, z.B. an den Fingern,
entlang des Ellenbogens, Knie, usw. Zudem sollte sie sich vom darunterliegenden
Gewebe abheben lassen und nicht mit diesem verwachsen, also "verklebt" sein.
Sensibilität (Wahrnehmung von unterschiedlichen Empfindungen, "Fühlen")
Spürst Du ein Jucken, Drücken, Ziehen und/ oder Schmerzen? Ist es unangenehm,
wenn ein Kleidungsstück an der Narbe reibt oder aufliegt? Vielleicht ist es auch der
Fall, dass Du auf der Narbe über ein vermindertes Empfinden verfügst. Je nach Ort der
Narbe kann auch Vibration als störend wahrgenommen werden.
Ästhetik (die wahrgenommene Schönheit)
Ist die immer Narbe sichtbar? In welchen Situationen stört sie Dich optisch? Woran
denkst Du beim Betrachten der Narbe?
Sollte bereits einer der beschriebenen Punkte für Dich auffällig sein, lohnt sich eine professionell angeleitete Behandlung Deiner Narbe in der Ergotherapie. Hier lernst Du, wie Du den Heilungsprozess selbst unterstützt und positiv beeinflusst. Du übernimmst Verantwortung für Deinen Körper und setzt Dich nebenbei aktiv mit der Verarbeitung der Ursache für die Entstehung Deiner Narbe auseinander. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeige ich Dir im zweiten Teil des kleinen Narben 1x1.
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Liebe Grüsse Theresa
www.Entdeckerlounge.ch
Titelbild: Canva
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